VR & Art – Über die Schultern von VR-Künstlern schauen
Die Illustratoren Annika Siems und Sebastian König zeigten eines der Potentiale von virtueller Realität: Dreidimensionales Zeichnen in einem virtuellen Raum.
Anschließend befragten wir sie in einem Interview zu Ihren VR-Erfahrungen mit dem Malwerkzeug Tilt Brush und den speziellen Anforderungen, die sie als Künstler an Virtual Reality Inhalte stellen, um dieses Medium in Zukunft professionell nutzen zu können.
VR-Interview mit Annika Siems:
Erzähl uns doch mal ein paar Worte über dich, wer bist du, was machst du in der realen Welt?
Ich bin Annika Siems, Illustratorin und Malerin aus Hamburg. Seit 2011 arbeite ich als Freelancer für Verlage, Agenturen, Zeitschriften und Kunden aus Kutur und Wirtschaft.
(www.annikasiems.com)
Zuvor habe ich Illustration an der HAW und der ENSAD Paris studiert. Illustration ist für mich eine universelle Sprache, mit der sich barrierefrei kommunizieren lässt. Sie kann erklären, erzählen, unterhalten, provozieren, zusammenfassen, Emotionen erzeugen und unseren Alltag verschönern, vereinfachen, bereichern.
Dabei spielt das Medium eine untergeordnete Rolle, die abhängig ist, welchen Zweck eine Illustration erfüllt. Ich arbeite nach wie vor wahnsinnig gern mit analogen Medien wie Aquarell oder Öl. Arbeite aber ebenso mit zahlreichen Medien wie beispielsweise an einem Cintiq in Photoshop, Painter oder Aftereffects. Es ist spannend neue Technologien auszuprobieren und sich von ihren Möglichkeiten inspirieren zu lassen.
War die Begegnung mit Tilt Brush dein „erstes Mal“ in VR?
Wie war dein erster Eindruck von Tilt Brush als Tool bzw. Der künstlerischen Arbeit in VR allgemein?
Ja, das war quasi mein „Erstes Mal“ in Tilt Brush. Und ich muss zugeben, dass ich ziemlich begeistert war. Zwar ist es als malerisches Tool noch in den Kinderschuhen, so dass vieles, dass man aus der digitalen Malerei kennt, noch nicht möglich ist, aber das wird sicher alles kommen.
Es ist ein ganz anderes Malgefühl, direkt in seinem Bild zu stehen und beliebig mit den Proportionen zu sich selbst spielen zu können. Die Übersetzug vom Drei-ins Zweidimensionale entfällt. Man kann sich durch sein Bild bewegen und unterschiedliche Betrachtungsperspektiven einnehmen. Das fand ich besonders spannend beim entwickeln einer dreidimensionalen Figur, in diesem Fall eines Pferdeskeletts, da man von allen Seiten daran arbeiten kann. Man modelliert quasi malerisch und bekommt ein viel besseres Gefühl zu Proportion und Form.
Das wird im 3D-Modelling sicher eine große Rolle spielen.
Was versprichst du dir in Zukunft von künstlerischer Arbeit in VR, glaubst du VR als Medium für Kunst hat eine Zukunft?
Davon bin ich überzeugt. Was ich bislang gesehen habe an Projekten, die in VR anzuschauen sind, hat mich wirklich beeindruckt. Man steht eben mittendrin. Man kann plötzlich Dinge erleben, die ansonsten nicht möglich sind. Menschen können virtuell überall hinreisen und Orte erleben, zu denen sie real vielleicht nicht gelangen könnten. Das ist doch großartig! Und bei zunehmend realistischer Grafik ist das virtuell erlebte doch ziemlich nah am Realen. Ich bin sehr gespannt, was noch kommt.
Danke für die tolle Erfahrung!
VR-Interview mit Sebastian König:
Erzähl uns doch mal ein paar Worte über dich, wer bist du, was machst du in der realen Welt?
Mein Name ist Sebastian König und ich bin als Illustrator und Hochschuldozent tätig. Ich habe in vielen Bereichen gearbeitet, u.a. beim Trickfilm. Außerdem fühle ich mich in der Welt der Comics zu Hause.
War die Begegnung mit Tilt Brush dein „erstes Mal“ in VR?
Nicht ganz. Ich hatte vorher schon einmal kurz ein Projekt von Bekannten mit einer VR-Brille bestaunen dürfen, aber Tilt Brush würde ich meine Foto: © Sebastian König
erste richtige VR-Erfahrung nennen.
Wie war dein erster Eindruck von Tilt Brush als Tool bzw. Der künstlerischen Arbeit in VR allgemein?
Ich war erstaunt, wie intuitiv das ganze benutzt werden kann. Trotz jahrelanger Erfahrung im Zeichnen ist dieses Werkzeug etwas völlig anderes. Man muss erst einfach machen und danach darüber nachdenken. Es bringt zwei- und dreidimensionale Techniken virtuell zusammen, sprich Zeichnung und Skulptur. Unter diesem Aspekt öffnet sich plötzlich eine ganze Ideenwelt, was man mit dem Programm alles anstellen könnte. Leider vermag es genau diese Sachen noch nicht zu leisten,
aber es steht ja auch erst am Anfang, so wie VR selbst auch.
Was versprichst du dir in Zukunft von künstlerischer Arbeit in VR, glaubst du VR als Medium für Kunst hat eine Zukunft?
Ich denke, VR bietet die Möglichkeit zwei- und dreidimensionale Arbeitsweisen nahtlos ineinander übergehen zu lassen. Im Grunde macht Tilt Brush das schon, aber nur mit virtuellen „Luftschlangen“. Was als nächstes kommen muß, sind frei platzierbare geometrische Körper, die wie Ton modelliert werden können. Um es mit Software-Namen zu beschreiben, Photoshop und ZBrush müssen eins werden. Nächste Stufe könnten dann Animations- und Marionettentools sein. Einzeln ist alles als Software bereits verfügbar, deshalb ist es vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis diese Sachen für VR zusammengebracht werden.
Um diese Sachen allerdings effektiv im virtuellen Raum anwenden zu können, bedarf es auch noch der richtigen Hardware. Die Controller, die derzeit verfügbar sind, reichen nicht aus, um solch eine Fülle von Interaktionsmöglichkeiten zu bewältigen. Auch da wird man wohl abwarten müssen.
Was VR als Medium für Kunst angeht, denke ich, daß es in erster Linie für die digitalen Medien und die Unterhaltungsindustrie am interessantesten ist. Der Computer ist dort mittlerweile das A und O, VR ist da nicht weit, in allen Schritten der Produktion.
Für die bildende Kunst ist es schwer abzuschätzen. Sicherlich werden sich Künstler damit beschäftigen, so wie es auch schon im 3D-Druck der Fall ist. Da VR noch in den Kinderschuhen steckt, darf man gespannt sein, wie der Mensch diese Technologie in Zukunft nutzen wird.