Der Corona-Virus hat unseren Alltag in Deutschland völlig auf den Kopf gestellt: Kitas und Schulen haben geschlossen, Konzerte und Sportveranstaltungen fallen aus, das öffentliche Leben kommt zum Erliegen. Immer mehr Infektionen, immer mehr Absagen und immer mehr Einschränkungen – auch für die Wirtschaft, denn Covid-19 hat die deutsche Unternehmenswelt fest im Griff. Das beeinflusst natürlich auch unsere Arbeit bei nextReality.Hamburg und betrifft unserer Mitglieder auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
Im folgenden Gastbeitrag teilt Claudia Kiani, Gründerin der omnia360 GmbH und Vorstand für Marketing & PR bei nextReality.Hamburg ihre aktuellen Erfahrungen und spricht über Auswirkungen, Herausforderungen und Chancen im Angesicht der Krise.
Die ersten Auswirkungen der Corona-Krise
Zugegeben, ich habe das Corona-Virus anfangs unterschätzt. Natürlich habe ich die Nachrichten aus China verfolgt und mit bangen Augen auf die steigenden Infektionszahlen geschaut. Jedoch war das weit weg. So fühlte es sich zumindest an, bis der Virus dann nach Europa schwappte…
Anfang März bekamen ich die Auswirkungen von Corona dann zum ersten Mal in meinem Unternehmen zu spüren. Kurz nacheinander verloren wir zwei Aufträge und ich wurde langsam nervös. Auch unsere Arbeit bei nextReality.Hamburg stand plötzlich Kopf: Wir waren schließlich mitten in der Planung unserer angekündigten Meetup-Saison, doch die anfängliche Verunsicherung führte zügig zur vollständigen Absage all unserer geplanten Events.
Ohne Frage, es gibt viele Branchen und Unternehmen, die die Corona-Krise wesentlich schlimmer trifft als uns und unser Herz blutet für all die Veranstalter, Messebauer, Künstler, Gastronomen und all die anderen, die nun vor einem großen Fragezeichen stehen, aber natürlich zwingt es uns auch, sich nun intensiv damit auseinander zu setzen, wie wir den neuen Herausforderungen am besten begegnen können.
New Work in the making
Während die Hamsterkäufer eingangs noch größtenteils belächelt wurden, ist mittlerweile wohl kaum jemandem mehr zum Lachen zu Mute. Wie wir aus den Medien wissen, geht es nun vor allem darum, den Verlauf der Epidemie zu verlangsamen um einem plötzlichen, exponenziellen Anstieg der Corona-Infektionen entgegen zu wirken, damit unser Gesundheitssystem nicht überlastet. Flattern the Curve.
Das hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Arbeitswelt. In vielen Unternehmen gilt nach wie vor das Paradigma, wer am längsten am Schreibtisch sitzt, sei besonders fleißig. Sie werden nun gezwungen, neue Arbeitsmodelle wie Home Office, Cloud-Computing und Videokonferenzen zu etablieren, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Der damit angestoßene Wandel könnte dazu führen, dass aus dem Kontrollverlust der Unternehmen Vertrauen wächst und es endlich weniger darum geht, wer am längsten am Computer sitzt, sondern viel mehr, welche Ergebnisse dabei erzielt werden.
Tools zur digitalen Zusammenarbeit
Deshalb wird es auch endlich Zeit, den Ruf von Videokonferenzen aufzupolieren. Sie gelten häufig noch als unsicher, unpersönlich und sind in vielen Fällen noch unerprobt. Natürlich ist eine Videokonferenz anders, als ein persönliches Gespräch und viele Gepflogenheiten lassen sich nicht 1 zu 1 in die virtuelle Welt übertragen -müssen sie aber auch nicht. Statt immer nur darüber zu sprechen, was Videokonferenzen nicht können, lassen sich nun auch ihre Mehrwerte besser erproben: So lässt sich Zeit sparen, Prozesse gestalten sich effizienter und die Videokonferenz schafft Freiräume für ein flexibleres Arbeiten. Das Potential der digitalen Zusammenarbeit lässt sich aber natürlich noch weiter ausschöpfen: In einem Cloud-basierten Dokument können Mitarbeiter gemeinsam die Notizen und Ergebnisse festhalten und mit virtuellen To-Do Listen und Kommunikationstools lassen sich Kollegen auch über laufende Projekte updaten, wenn die Distanz plötzlich den Büroflur übersteigt. Wie bei so vielen Dingen gilt für die digitale Zusammenarbeit: Übung macht den Meister und es gibt Grund zur Hoffnung, dass manches davon auch in den Zeiten nach Corona bleibt. Es ist schon viel geholfen, wenn sich am Anfang alle Beteiligten kurz nacheinander vorstellen, ein Mitarbeiter die Moderation übernimmt und das eigene Mikrofon ausgeschaltet bleibt, solange man nichts zu sagen hat.
Auch bei next.Reality.Hamburg möchten wir in Zeiten der Krise verstärkt digital für euch da sein. Daher haben wir unseren nexReality-Slack Channel für die gesamte AR/VR/360/XR-Community geöffnet, um so einen offenen und kollaborativen Austausch unter allen Enthusiasten und Interessenten zu ermöglichen. Alle die Interesse an den neuen Realitäten & Technologien haben sind herzlich eingeladen unserem Chat beizutreten, zu lesen und zu kommentieren, Fragen zu stellen, Wissen auszutauschen und neue Ideen zu entwickeln: nextreality.members.slack.com
Die Chancen der Digitalisierung nutzen
Das Corona-Virus beeinflusst die Arbeitsprozesse auch auf anderen Ebenen, schließlich muss es für Unternehmen ja irgendwie weitergehen. Der Online-Lieferdienst Lieferando stellt dafür zum Beispiel auf kontaktlose Zustellung um, der HVV verweist für den Ticketverkauf statt auf den Busfahrer auf Automaten und Apps und die Deutsche Bahn zeigt sich Reisenden gegenüber besonders kulant und gestattet vorübergehend auch den Umtausch von Bahntickets, die als Sparpreis gebucht wurden.
Fest steht: Dieses Jahr wird alles anders, denn während der soziale Kontakt auf ein Minimum beschränkt wird, sind vor allem technologische Lösungen gefragt, die physische Distanz ermöglicht, aber gleichzeitig digital überwindet. Für Immobilienmakler wird dadurch die virtuellen Besichtigung relevanter denn je, für Museen kann 360°-Content eine Möglichkeit schaffen, das Ausstellungsangebot digital erlebbar zu machen und auch die virtuelle Messe bietet einen spannenden Ansatz, um das eigene Produktangebot interaktiv zu präsentieren.
Die virtuelle Messe
Ob in Hamburg, Berlin, Paris, Genf, Bologna oder Leipzig – überall werden Messen abgesagt. Nach dem ersten Schock sehen sich nun viele Aussteller nach Alternativen um. Das Interesse an Virtuellen Messen ist dadurch so hoch wie nie, denn Unternehmen suchen händeringend nach Möglichkeiten, wie die bisherige Planung und investierte Zeit nicht vollkommen hinfällig wird und sie zumindest Teile ihres Messe-Konzepts in die virtuelle Welt übertragen können. Da liegt es nahe, den lang geplanten Messestand zumindest virtuell zu öffnen.
Natürlich hält die virtuelle Messe keinem Vergleich zur realen Messe stand, muss sie aber auch nicht. Während bei dem einen der persönliche Kontakt im Vordergrund steht, eröffnen sich hier ganz andere Einsatzmöglichkeiten und Mehrwerte. So kann der Messestand zum Virtual Showroom werden, mit multimedialen Inhalten lassen sich Hintergrundinformationen zu Produkten und Dienstleistungen geben oder er kann direkt mit dem Warenkorb verknüpft werden.
Livestreams und Webinare
Wir sollten dabei auch im Hinterkopf behalten, dass Konferenzen und Messen nur Teil der Kommunikation sind und nicht umgekehrt. Herausforderung und Chance zugleich ist es, Kunden- und Nutzerbedürfnisse in digitale Formate zu übersetzen und damit eine sinnstiftende Alternative anzubieten. So setzte die abgesagte Reisemesse ITB beispielsweise kurzerhand auf einen virtuellen Kongress und brachte die Inhalte von der Bühne auf den Bildschirm. Ausschnitte aus dem Programm wurden teils in Echtzeit, teils in zeitversetzten Livestreams geteilt und stehen auch danach als Videos „on-demand“ zur Verfügung. Auch Webinare entfalten nun ihre ganze Stärke, um beispielsweise Workshops und Keynotes trotz Corona-Krise mit Interessierten zu teilen. Sie liefern eine digitale Plattform, um Inhalte weiterzugeben, Wissen zu teilen und in den virtuellen Austausch zu gehen.
Vor dem Hintergrund von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sind solche Angebote aber auch für die Zeit nach der Corona-Krise zukunftsfähig.
VR-Meetings
Die Mehrzahl der virtuellen Konferenzen und – Meetings finden derzeit am Computer, Tablet oder Smartphone statt und laufen über klassische Videoformate. Einen Schritt weiter könnten wir mit der VR-Brille gehen: Virtual Reality bietet ein enormes Potenzial in Sachen Telepräsenz. So schafft das VR-Headset die idealen Voraussetzungen, um immersiv in das Meeting einzutauchen und das Gefühl zu schaffen, wirklich an diesem virtuellen Ort zu sein. Das bringt nicht nur starkes Bildmaterial für die PR-Abteilung, sondern kommt vor allem näher als kein anderes Medium an die Primär-Erfahrung ran.
Mit der VR-Brille können sowohl 360°-Videos von real gefilmten Workshops oder Fachvorträgen konsumiert werden, Nutzer können dort aber auch zum direkten Austausch zusammenkommen.
Einen Versuch in Sachen VR-Meeting starten wir bereits bei nextReality.Hamburg, so wurde der Developer-Stammtisch am 19.03. kurzerhand in die virtuelle Realität verlegt. Über die Plattform Altspace VR konnten sich die Teilnehmer dann mit der VR-Brille einloggen und als Avatare im virtuellen Raum zusammentreffen.
Nach dem erfolgreichen Auftakt treffen wir uns zukünftig jeden Donnerstag ab 18 Uhr in AltspaceVR und freuen uns auf euch!
Gemeinsam durch die Krise
Aber auch Social Media wird nun wichtiger denn je, um sich zu informieren, zu vernetzen aber vor allem, um sich in schweren Zeiten zur Seite zu stehen. Selten wurde in Deutschland so offen über Sorgen und Nöte gesprochen und eine Welle der Solidarität schwappt durch das Netz. Man ermutigt sich gegenseitig, zu Hause zu bleiben, um niemanden zu gefährden. Nutzer teilen Empfehlungen für digitale Tools und Erfahrungsberichte aus dem Home Office und auf Twitter wurde bereits eine virtuelle Jobbörse gestartet, um Corona-geplagte Freelancer mit nicht minder geplagten Unternehmen zusammenzubringen. Das Corona-Virus wird unser soziales Leben verändern, niemand weiß für wie lange. Und wenn wir dabei in der realen Welt auf Abstand gehen müssen, sollten wir digital nun umso enger zusammenrücken.
Anmerkung in eigener Sache: Dieser Gastbeitrag erschien in leicht veränderter Form zuerst im Blog der omnia360 GmbH: Corona-Krise: Wie lässt sich die soziale Distanz digital überbrücken?